Die Umstellungen, die aufgrund der Maßgaben derzeit nötig geworden sind, treffen uns alle in unterschiedlichem Maße. Weitreichend lässt sich aber generalisieren, dass Menschen mit neuen Herausforderungen konfrontiert sind. Das kann bisweilen sehr fordern und auch schnell überfordern. Diesen Eintrag möchte ich daher dem Umgang mit Herausforderungen widmen. Vielleicht ist ja ein hilfreicher Hinweis für dich dabei oder es ist gerade sehr entlastend, sich über jemanden aufzuregen, der Zeit für einen Blog hat. Dann fühl‘ dich herzlich dazu eingeladen.
- Ansprüche an der Notwendigkeit statt der Machbarkeit orientieren: In meinem Eintrag über Corona & Kinder habe ich über das Leitmotiv des „gut genug“-Machens gesprochen. Das kann ein wertvolles Mantra in Situationen sein, in denen gerade alles zu viel ist. Wer sonst den Anspruch an sich hegt, in regionaler Bioqualität jeden Tag frisch zu kochen, kann einen Tag enorm entspannen, indem ausnahmsweise die Tiefkühlpizza (gibt’s ja auch in Bio) auf dem Abendbrottisch landet und die dadurch gewonnene Zeit anders investiert (bestenfalls ins Beine hoch legen).
Online finden sich derzeit auch hunderte sogenannter Challenges, während der Zeit zu Hause noch diese oder jene Fähigkeit zu erlernen. Das mag für Menschen, deren größtes Problem derzeit die Langeweile ist, ein angemessener Anreiz sein, sich herauszufordern; Für Menschen, die eh schon genug zu tun haben, ist es aber definitiv gerade nicht sinnvoll sich weitere Ziele zu stecken, die zusätzlich Druck aufbauen. Das kann individuell genauso für die Beförderung gelten wie den avisierten Einser-Schnitt, das Fitness-Ziel oder die täglichen, einstündigen Anrufe bei Oma. Frag dich kurz vorab: „Ist das jetzt wirklich nötig oder tut mir gut?“ und entscheide entsprechend, ob und wie du eine Aufgabe angehst.
- Realitätsabgleich: Die Spülmaschine ist seit drei Tagen voll mit sauberem Geschirr, der Stromanbieter ist immer noch nicht gewechselt, ich habe kein sauberes Paar passender Socken mehr und zum Videoanruf mit der besten Freundin, die ich schon ewig nicht mehr gesprochen habe, komme ich garantiert nicht mehr pünktlich. Ähnliche Not done-Listen mit beliebig wechselnden Wartelistenplätzen finden sich derzeit wohl in den „besten“ Haushalten. Das kann zum Haare raufen sein oder aber auch einfach völlig normal und gar nicht so schlimm. Der Schlüssel kann hier in der Betrachtungsweise liegen: Was ist DIR gerade wirklich wichtig? Du kannst die Anforderungen der Rückfrage unterziehen, ob du dich gerade an gefühlten Ansprüchen orientierst, oder ob diese real vorhanden sind und Handlungsbedarf erfordern. So kann, wer saubere Teller braucht, diese ebenso gut aus der Maschine wie aus dem Schrank nehmen. Falls ihr nicht gerade am finanziellen Limit schürft, braucht es dieses Jahr vielleicht auch nicht die Wechselprämie vom günstigsten Stromanbieter, bunte Socken sind total hip und verstecken sich beim Spaziergang in den Schuhen und die beste Freundin hat sicher mindestens genauso viel zu tun oder anderenfalls das nötige Verständnis und die Gelassenheit, euer Gespräch auch zu verschieben. Nach diesem Realitäts-Filter bleibt sicher ein Maß an Aufgaben über, das zumindest weniger (über-)fordernd ist.
- Nützlichkeit von Glaubenssätzen überprüfen: Die Chance liegt hier darin zu schauen, welche Regeln sich über die Jahre eingeschlichen und als Gesetzmäßigkeit in deinem Kopf eingenistet haben. In Zeiten von Veränderung, können wir diese Glaubenssätze bzgl. ihrer aktuellen Nützlichkeit hinterfragen.
Ein Beispiel: Dir wurde selbst beigebracht, dass das Kinderzimmer abends immer aufgeräumt werden muss, sodass keine Spielzeuge herum lagen. Das mag von der praktischen Relevanz herrühren, dass du dir als Kind so keine Bausteine beim nächtlichen Toilettengang eingetreten hast. Falls deine Kinder derzeit aber morgens sofort wieder damit spielen und es enormen Krach macht, alles erst wieder heraus zu räumen (der um 5 Uhr potenziell nicht nur dich sondern auch gleich noch die Nachbarn weckt) reicht vielleicht auch einfach eine Spielzeug-freie Gasse vom Bett zur Tür, die euch darüber hinaus noch die allabendliche Diskussion über das Aufräumen erspart.
Du merkst vielleicht, dass allen drei Beispielen gemein ist, dass die Veränderung in deinem Kopf beginnt. Das liegt daran, dass sich an den Anforderungen und Gegebenheiten im Außen meist nicht viel ändern lässt. Der Fokus darauf kann sehr frustrieren. Du hast allerdings die Gestaltungskraft über deine Wahrnehmung und dein Verhalten, wenn du sie aufmerksam beobachtest. So kann jedes Gefühl der Überforderung eine Chance sein, unnütze Glaubenssätze und überhöhte Ansprüche zu hinterfragen. Sie mögen dir einst wertvolle Helfer gewesen sein, aber es geht darum, dass es dir JETZT gut geht. In diesem Sinne wünsche ich dir einen frohen Frühjahrsputz und eifriges Aussortieren unnützer Gedanken und Gewohnheiten, die dir Stress bereitet haben.
Wenn du andere Strategien gefunden hast, die für dich gut wirken, freue ich mich, wenn du sie mit mir teilst.